28 July, 2011

"Lieber Knipser,...

...hoffentlich sind Sie jetzt nicht beleidigt. Müsste es doch höflicherweise heißen: 'Lieber Fotofreund'. Aber ehrlich: Sind Sie tatsächlich ein Fotofreund? Zählen Sie zu jenen drei Prozent halb professionellen Fotofreunden die Bilder gestalten, oder zählen Sie vielmehr zu jenen 97 Prozent, die einfach Erinnerungen festhalten wollen, Erinnerungen knipsen?"

So wird der Leser des "Porst Foto-Helfer" im Jahre 1976 begrüßt und man muss dazu sagen, diese Einleitung bzw. Begrüßung ist wirklich mutig, denn sie könnte den Leser wirklich davor abschrecken bei Photo Porst einzukaufen.
Denn ganz ehrlich: Wer wird schon gern als simpler Knipser tituliert? Und möchte man sich schon vor dem Kamerakauf so eine abstrakte, philosophische und existenzielle Frage stellen?
Ob deswegen der Ruf von Porst etwas ramschig war, ist dahin gesagt.

Hier bei MIND JACKER wollen wir natürlich nicht als Knipser bezeichnet werden. Aber dafür gibt es ja auch keinen Grund, wie ich hoffe.

"zwischengleisthematik", germany, 2005

Aber der Fotofreund des 20.Jahrhunderts war schon so einiges gewöhnt, denn wenn man ein seriöser Fotofreund sein wollte, las man ja die Lehrbücher von Andreas Feininger. Und gerade von dem bekam man so einige Leberhaken ab. So las man schon Ende der 1950er in seinem "Das Buch der Fotografie", erschienen im Econ-Verlag, folgendes:
"romantic question-mark", germany, 2005

"In der Entwicklung eines Fotografen scheint es drei Stufen zu geben. Manche Fotografen gelangen allmählich von der ersten über die zweite zur dritten; andere kommen in ihrer Entwicklung niemals so weit. Wieder andere überspringen die erste Stufe. Aber die 'Fotografen von Natur', die 'geborenen' Fotografen, beginnen bei der dritten Stufe."

Ja einige stellen sich nun an der Stelle wieder die abstrakte, philosophische und existenzielle Frage: Bin ich tatsächlich ein Fotofreund oder doch nur ein Knipser oder gar ein geborener Fotograf?
Aber kommen wir zu Feiningers drei Stufen:

"Erste Stufe: Der Fotograf ist nur ein Sammler, der dem Reiz der technischen Spielereien erliegt, ein Mensch, der sich in erster Linie für Kameras und Objektive interessiert, für das rein Technische der Fotografie. Gewöhnlich besitzt er die schönste Ausrüstung, die neuesten technischen Errungenschaften und das ganze Sortiment an Zubehör. Er ist das Entzücken eines jeden Fotohändlers, denn niemals behält er eine Kamera länger als ein paar Wochen. Er kommt immer wieder und gibt sie gegen eine andere in Zahlung. Ständig 'testet' er seine Kameras und Objektive, aber er kommt niemals dazu, ein 'wirkliches' Bild zu machen.

Zweite Stufe: Das Hauptinteresse des Fotografen konzentriert sich auf die 'Qualität der Kopie'. Auch er besitzt eine Menge schöner Ausrüstung, aber er macht wenigstens Bilder damit. Er fotografiert indessen nur, um Aufnahmen zu machen. Was er fotografiert, sind mehr oder weniger Zufallsobjekte. Sein Ehrgeiz geht dahin, eine 'vollkommene Kopie' zustande zu bringen. Er erzählt liebend gern von Filmkorn und Negativgradation, von Gamma und Inertia, von Schwarzschildeffekt und Opazität, kauft gläubig jeden neuen Filmkornentwickler, der auf dem Markt erscheint, und hofft stets auf Perfektion, auf den Entwickler, mit dem er 'kornlose' 40x50-cm-Vergrößerungen von Leica-Negativen machen kann [ein Kontaktabzug davon wird in die untere linke Ecke geklebt].

Dritte Stufe: In diesem Stadium ähnelt der Fotograf dem Maler oder dem Romanschriftsteller, der von einer Art innerem Zwange getrieben wird. Er kümmert sich nicht darum, welche Kamera er benutzt, wenn er nur die Bilder damit machen kann, die er aufnehmen möchte. Er läuft vielleicht mit einer abgewetzten Leica [Modell 1932] herum, aber seine Bilder werden im 'Museum für moderne Kunst' ausgestellt. Seine 'Technik' ist vielleicht mitunter fragwürdig, aber seine Aufrichtigkeit nie. Wenn ein Fotograf genau weiß, was er will - wenn er auch vielleicht nicht immer weiß, wie er es erreichen kann -, dann wird er am Ende auch die Wege zu finden wissen, Erfahrungen, die er anderen Menschen mitteilen möchte, besser und klarer auf Film und Fotopapier auszudrücken."

(Zitiert aus: Andreas Feininger: "Das Buch der Fotografie", S.331f., Econ-Verlag GmbH, Düsseldorf - Wien 1961.)

Feininger schrieb viele Lehrbücher über die Fotografie, aber in den meisten steht mehr oder weniger dasselbe, so formulierte er einige Jahre später seine drei-Stufen-Theorie so, wobei er hier noch eine vierte Stufe bzw. nun spricht er von Gruppen dazu zählt:

"Was letzten Endes die Bilder eines Fotografen kennzeichnet, ist seine innere Einstellung zur Fotografie - genauer gesagt, zu ihren zwei Seiten, die man unter den Begriffen 'Kunst' und 'Technik' zusammenfassen könnte und deren Synthese ihren Ausdruck in seinen Bildern findet. In diesem Sinne bezeichnet 'Kunst' die ungreifbaren Elemente (Ideen, Begriffe, Gesichtspunkte, Vorstellung und 'Sehen' - die gestalterischen Aspekte der Fotografie), und 'Technik' bezeichnet die zur physischen Ausführung des Fotos erforderlichen konkreten Mittel und Methoden. Vier grundverschiedene Einstellungen zu diesen beiden Aspekten herrschen unter Fotografen vor:

1. Eine zahlreiche Gruppe ist hauptsächlich an fotografischer Technik interessiert. Ihre Vertreter haben die modernste Ausrüstung, die schärfsten Objektive (jedes einzelne sorgfältig ausgesucht und liebevoll getestet) und sind Meister im Herstellen praktisch kornfreier Negative und Vergrößerungen. Aber sie bleiben am Technischen haften. Statt die Ausdruckskraft von Dias oder Papierbildern miteinander zu besprechen, reden sie endlos über die Vor- und Nachteile verschiedener Systemkameras oder Feinkornentwickler. Ein wirklich sehenswertes Bild bringen sie selten oder nie zustande.

2. Im entgegengesetzten Lager befinden sich die 'Künstler' - enthusiastische, meist junge Fotografen, die eine einzige einäugige 35-mm-Spiegelreflexkamera besitzen und ein zusätzliches Weitwinkelobjektiv, mit dem sie hauptsächlich arbeiten. In ihrer Haltung sind sie der Gegenpol zur ersten Gruppe: 'Lass dich doch gehen, Mensch! Sei kein Reaktionär, zeige es, wie es ist! Technik ist was für Spießer - Gefühl musst du haben, Gefühl...' Von ihnen stammen die verwischten, körnigen, verschwommenen, übereinander kopierten oder 'gezoomten' Bilder, denen man heutzutage so oft in Fotozeitschriften begegnet - fast immer Weitwinkel-Personenaufnahmen, die in ziemlich engstirniger, einseitiger, nicht sehr überzeugend und oft unverständlich 'Sozialbewusstsein' ausdrücken und praktisch alles andere außer acht lassen.

3. Dann die 'Spießer' - größtenteils mittleren Alters, oft Mitglieder eines Fotoklubs. Sie sind technisch versiert und produzieren durchschnittliche Bilder von herkömmlichen Motiven in traditioneller Form. Ihre 'Technik' ist meistens einwandfrei, aber ihre Fotos sind oft schrecklich langweilig.

4. Schließlich noch zwei Gruppen von 'Profis'. Die erste verdient sich mit der Fotografie ihr tägliches Brot: die Industrie-, Werbe-, Portrait-, Architektur-, Hochzeits- und Baby-Fotografen; die zweite verwendet Fotografie in der Ausübung eines anderen Berufs: Wissenschaftler, Archäologen, Kartographen, Kriminologen, Polizeibeamte, Fotograveure, Ärzte, Militärpersonal usw. Für gestaltende Fotografie haben sie in der Regel zu wenig Bewegungsfreiheit, weil ihre Bilder für einen genau vorgezeichneten Zweck bestimmt sind; dieses Buch ist daher nicht für sie gedacht. Außer vielleicht für zwei Sondergruppen: Mode- und Pressefotografen. Auf diesen Spezialgebieten wird eine persönliche Note noch geschätzt, und Kreativität ist noch ein Plus."

(Zitiert aus: Andreas Feininger: "Richtig sehen - besser fotografieren", S.131f., Wilhelm Heyne Verlag, München 1980.)

"rastersuche ampel", germany, 2005

Jetzt fragt man sich: Gilt das denn überhaupt heute noch was Feininger in seinen Büchern gesagt hat?

Natürlich! Klar hat sich seit dem nicht nur im technischen, sondern auch im stilistischen Sinne viel verändert, aber das Grundlegende seiner Worte, seiner Theorie ist heute noch up to date!

Heute findet man die Fotografen dieser Stufen bzw. Gruppen noch zahlreicher, noch schneller wieder. Man muss nur bei den einschlägigen Foren (wie z.B. DSLR Forum und aphog) oder Plattformen wie Flickr und fotocommunity und anderen suchen. Die Fotografen mit verwischten und verschwommenen Fotos findet man bei den Lomographen wieder, wo sie auch ihre neusten Fotoapparate erwerben, wobei sich da ein Annähern an die Gruppe der Sammler irgendwie einem aufdrängt, wobei sich natürlich eine Holga und Diana von einer hochmodernen DSLR unterscheiden.
Und die wahren Sammler horten natürlich nur analoge Schätzchen um sich und bezahlen gerne dafür Höchstpreise bei Auktionen oder sie suchen bei ebay oder Flohmärkten was das Zeug hält. Doch am Ende landen die meisten dieser Sammlerkameras in Vitrinen und werden nicht (mehr) zum fotografieren genutzt.
Es gibt sogar auch noch die klassischen Fotoclubs, wobei natürlich Flickr und Co dem schon sehr nahe kommt. Ich hab auch mal versucht ein wenig die Fotoclub Szene auf zu mischen, aber davon hab ich nur Kopfschmerzen bekommen, also bin ich einfach nicht mehr hingegangen.

Ich denke die meisten Leser von MIND JACKER ordnen sich bei der dritten Stufe, bei den Künstlern ein und auch ich sehe mich da lieber, denn mit den anderen Kategorien kann ich mich und meine Bilder einfach nicht identifizieren.

"oelfarbenkamerabild", brasil, 2007

Man Ray sagte mal: "Wenn ich Fotos machte, wenn ich in der Dunkelkammer war, ließ ich absichtlich alle Regeln außer acht, mischte die unpassendsten Mittel zusammen, verwendete Filme, deren Haltbarkeitsdatum überschritten war, machte die schlimmsten Sachen gegen alle Chemie und gegen das Foto, aber das sieht man nicht."

Ich weiß was ich aussagen will, aber manchmal oder auch öfters als mir lieb ist, weiß ich nicht wie ich es erreichen kann. Aber man muss ja nicht alles sofort können oder schaffen.
Meine bisherigen Erfahrungen und eingesetzten Techniken, die nur dem Endresultat, also dem Foto, dienen, zeige ich hier auf dem Blog.

Jetzt habe ich das Wort "Technik" angesprochen und möchte es mit einem weiteren Zitat von Man Ray relativieren:
"Viele Menschen möchten wissen, wie ich bestimmte Effekte erziele. Es genügt, wenn ich dazu sage, dass ich diese Effekte als ganz persönliche Formen betrachte, die durch die Verletzung gemeinhin akzeptierter Prinzipien im Arbeitsprozess - aber unter strenger Beachtung bekannter Naturphänomene - erreicht werden. Ich will nicht, dass diese Formen sich allgemein verbreiten: dadurch würde nur der Technik wieder einmal zu Lasten des eigentlichen Themas zu große Aufmerksamkeit zuteil."

Die von mir eingesetzten Techniken sind nicht neu, vielleicht ein wenig out, aber ich denke es gibt noch genug Fotografen und Fotokünstler, die die eine oder andere Technik benutzen um gerade andere Bilderwelten zu schaffen als die, die gerade in sind.
Dazu ein Zitat von dem Architekten Charles Jencks: "Künstler und Architekten müssen, wenn sie die neue Welt mit ihrer Dynamik und unablässigen Fruchtbarkeit darstellen wollen, entweder neue Sprachen suchen oder bestehende Sprachen weiterentwickeln. Das Leben der Formen in der Kunst ist das Maß der Kosmogenese. In diesem Sinne ist eine Ästhetik der Kreativität die letzte Instanz des kosmischen Prozesses."

Und gerade dadurch können wir der "Groschen-Fotografie" entfliehen, können wir dem "Knipsertum" entkommen, aber dafür brauchen wir einen eigenen Stil.
Auch hier ziehe ich wieder Feininger hinzu, denn warum sollte ich was formulieren, was er schon perfekt ausdrückte?

"Wenn ein phantasiebegabter Fotograf etwas sieht, auf das er anspricht, formen sich in seinem Geiste Bilder und Gedankenassoziationen: [...] Alle Bilder, die er je gesehen hat, werden alles mit formen, was er erblickt. [...] Jeder Mensch, der jemals etwas Bleibendes geschaffen hat, ist ein Individualist gewesen - einer, der auf seine Weise arbeitete und sich nicht scheute, für seine Überzeugungen zu kämpfen. [...] Nur wer diesen Kampf siegreich durchsteht, wird zu einer wahren Persönlichkeit. [...] Ich betone 'typische' Bilder, denn nur Fotos, die der Fotograf in voller Übereinstimmung mit seinen eigenen Ideen machte, tragen dieses Siegel der Persönlichkeit [...] Dieser Stil wird sich aus der Arbeit ergeben, die ihn am meisten beschäftigt. Auf diese Weise entwickeln sich Spezialisierung und persönlicher Stil in parallelen Bahnen. [...] Eins ist gewiss: ein persönlicher Stil kann nicht erzwungen werden. Er muss von innen heraus wachsen. Denn er ist nichts als die Spiegelung der eigenen Persönlichkeit."

(Zitiert aus: Andreas Feininger: "Die neue Foto-Lehre", S.332-336, Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München - Zürich 1973.)

"it was a long way back home", brasil, 2007

Ein Mitglied des örtlichen Fotoclubs fragte mich vor einiger Zeit ob ich schon viele Fotos in diesem Jahr geschossen habe. Ich war mit der Frage total überfordert, ich dachte nach, aber was ist viel? Ich fotografiere nicht um möglichst viele Aufnahmen zu machen. Ansel Adams sagte mal: "Zwölf gute Fotos in einem Jahr sind eine gute Ausbeute."
Wenn zwölf Fotos nun als das Quantum angesehen wird, also als viel, dann denke ich schon, dass ich auf einem guten Wege bin, jedoch hab ich dieses Jahr mehr produziert, das nicht gerade als gut angesehen werden kann.

Aber einfach drauflos knipsen, ist nichts für mich. Für dich?


Alexander Rodtschenko sagte einmal:
Wir müssen unser optisches Erkennen revolutionieren. Wir müssen den Schleier von unseren Augen reißen." und "Es sieht so aus, als könne nur der Fotoapparat das moderne Leben abbilden."

Es ist erstaunlich, dass diese Zitate von damals noch heute ihre Richtigkeit besitzen. Man muss nur wissen, was damit gemeint ist und ja man sollte sich wirklich vor dem fotografieren, vor dem Kauf einer Kamera die Frage stellen:
Bin ich tatsächlich ein Fotofreund oder doch nur ein Knipser oder gar ein geborener Fotograf?
"hells kitchen", germany, 2006

Ich möchte diesen Beitrag mit einem letzten Zitat von Man Ray beenden:
"Die Kunst variiert einfach in ihren Inspirationsquellen und ihren Entstehungsprozessen. Die Kunst ein und desselben Menschen kann unterschiedlicher Art sein, je nachdem, wie es um seine Neugier und seinen Sinn für Freiheit bestellt ist."

26 July, 2011

DIY: A SCANNER picture frame

Every picture frame, which I've built, is recycled and this frame was in the past life a scanner, or more precisely a all-in-one HP PSC 500.
I've just use the glass part of the scanner, because it's really perfect for a frame. The alteration is simple. The size of the glass part is approximate 25x35cm.
In the frame is the picture "le fabuleux destin".












20 July, 2011

"It fascinates me that there is a variety of feeling...

...about what I do. I’m not a premeditative photographer. I see a picture and I make it. If I had a chance, I’d be out shooting all the time. You don’t have to go looking for pictures. The material is generous. You go out and the pictures are staring at you."

Lee Friedlander









"out of car 01-09", brasil, 2011

12 July, 2011

07 July, 2011

The field test!

Today the photos, which I shot with the last two DIY-lenses.

1.
lens: Schneider Kreuznach Componon 5.6/80mm
camera: Praktica LTL 3
film: Fuji Superia XTRA 400
exposure time: 1/250
aperture: 5.6














2.
lens: AutoYashinon DS-M 1.7/50mm REVERSE
camera: Praktica LTL 3
film: Fuji Superia XTRA 400
exposure time: 1/1000
aperture: 1.7








Part 2 is here.